Wer nicht fragt

Eine praktische Konsequenz aus dem Blog “Spiel mit der Sprache” ist mehr zu fragen als anzunehmen. Haben wir das Fragen verlernt oder warum wird so selten nachgefragt? Ein Grund ist sicherlich, dass viele die positive Frageformen nicht kennen. Sie erinnern vorwiegend die Frage nach der Rechtfertigung, warum sie etwas so und nicht anders gemacht haben. Deshalb zeigt der Blog ganz praktisch, wie die systematische Frageform angewendet wird, um gute Antworten zu bekommen. Gefragt wird nicht nach einem Grund, sondern nach der Interaktion und den damit verbundenen eignen Gedanken und Gefühlen in einem beruflichen oder privaten System.

Systemische Frageform

Fragen sind der Ausgangspunkt gelungener Antworten; nicht nur im Coaching. Fragen Sie jedoch zu direkt, bekommen Sie selten eine gute Antwort. Die Frage „Wie haben Sie sich in dem Konflikt gefühlt?“ bringt den Coachee entweder in Abwehrhaltung oder lädt ihn ein, endlich jemanden ausführlich erklären zu können, warum es zu der schwierigen Situation gekommen ist und wie “blöd” die anderen sind und wer die Schuld an der Situation hat. Ein Coach kann die mit Stress verknüpfte Perspektive verhindern, in dem die Frage beispielsweise so formuliert wird „Was glauben Sie, wie sich Ihr/e Mitarbeiter*in oder Partner*in fühlt, wenn sie oder er mit Ihnen im Konflikt ist?“ Durch das zirkuläre Fragen bezieht der/die Coach die Annahmen des Coachees zu den Perspektiven des/der Beteiligten mit ein. Warum macht der oder die andere das und wie fühlen sie sich dabei? Ein Coach möchte den Eindruck über die Interaktionen bekommen, die zwischen Coachee und den anderen Beteiligten im System in einer bestimmten Situation ablaufen. In dieser systemischen Betrachtung analysieren Coach und Coachee die Komplexität und Verflechtung des Konflikts in dem System. Die zirkuläre, systemische Frageform geht davon aus, dass das psychische System nur aus dem bedeutsamen sozialen System heraus verstehbar ist und somit nicht isoliert betrachtet werden kann. Es gibt entsprechend keine lineare Ursache-Wirkungs-Betrachtung für Konflikte. Eine Störung im Sinne eines Konflikts oder Problems (sichtbar im Symptom) ist insofern keinem Einzelnen in dem System zuzuschreiben, sondern nur zirkulär erklärbar. Welche Fragen noch dazu führen, die verschiedenen Wirklichkeiten der Situation zu erfassen, lesen sie hier.

Fragen nach Unterschieden

  • Prozentfragen
    Als Coach wollen Sie diffuse Vorstellungen über das Ausmaß eines Konflikts erfassen: Wieviel Prozent Ihrer Zeit nimmt der Konflikt an einem Tag ein, wieviel Prozent nutzen Sie für Ihre Aktivitäten?

  • Skalierungsfragen

    Als Coach wollen Sie qualitative Unterschiede sichtbar machen: Für wen wäre eine Veränderung eher positiv, für wen eher negativ? Wer zeigt in dem Konfliktlösungsprozess die größte Bereitschaft zur Beteiligung, wer die geringste?

Fragen nach Übereinstimmungen und Subsystemen

  • Übereinstimmungsfragen
    Als Coach erhalten sie Informationen über Koalitionen im System: Sehen Sie das auch so oder sehen Sie das anders? Stimmen Sie der Meinung zu oder haben Sie eine andere?

  • Fragen nach Subsystemen

    Als Coach erfahren Sie etwas über die Systeme, die sich innerhalb des Gesamtsystems gebildet haben: Wie offen oder verschlossen, zuverlässig oder unzuverlässig, berechenbar oder unberechenbar ist Ihre Beziehung? Was denken Sie, hat Ihre Vorgesetzte einen intensiveren Draht zu Ihnen oder zu Ihrem Kollegen?

Fragen nach Wirklichkeits- und Möglichkeitskonstruktionen

  • Lösungsorientierte Fragen

    Als Coach lenken Sie die Aufmerksamkeit durch die Sprache auf Ressourcen und Lösungen. “Nehmen wir einmal an, daß Ihr Problem gelöst werden kann . Wie würden Sie erkennen, dass es gelöst ist?”

  • Ressourcenorientierte Fragen
    Auch hier rücken Sie das Problem in den Hintergrund und stellen die Ressourcen in den Fokus: Was soll in Ihrer Familie/in Ihrem Beruf so bleiben, wie es ist? Was ist Ihnen im Leben gut gelungen?

  • Fragen nach Ausnahmen
    Als Coach fragen Sie nach den Ausnahmen, in denen das Problem nicht da war bzw. es Ihnen gut ging: Wann genau war das Problem nicht da? Was haben Sie in der Situation anders gemacht? Was haben die anderen in der Situation anders gemacht? Wie könnten Sie das wiederholen, was anders war?

  • Wunderfragen
    Als Coach wollen Sie Impulse geben, ohne den Druck auszulösen, dass die/der Coachee tatsächlich etwas tun muss: Angenommen das Problem löst sich über Nacht wie durch ein Wunder auf, was wäre am nächsten Morgen anders? Und wer würde es als erstes merken, dass ein Wunder geschehen ist und woran würde er/sie es erkennen?

  • Problemorientierte Fragen
    In der konkreten Problemsituation ist es dem Coachee oft nicht möglich zu akzeptieren, dass Probleme konstruiert werden und ein Teil der subjektiven Wirklichkeit sind. Als Coach nutzen Sie die Intervention, von der Problemlösung abzusehen, um die Wirklichkeitskonstruktion zu verstehen: Was können Sie oder andere dafür tun, dass Sie das Problem behalten? Was können Sie noch tun, um Ihr Problem zu behalten, es noch zu verstärken oder es zu verstetigen? Wie profitiert Ihr Umfeld davon, wenn Sie das Problem aufrechterhalten? Werden einige im Umfeld Ihre Entwicklung nach einem Wunder eher gut finden oder traurig/wütend sein?

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